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  • Zur gehörigen Verfahrensfortsetzung

    09 CG.2024.68 vom 06.12.2024

    Rechtssatz wird in Kürze veröffentlicht

    #Anteilskaufvertrag (Aktien)  #Private-Equity-Beteiligung  #Vertrauensschaden  #Verjährung, gehörige Fortsetzung der Klage  #Insolvenzeröffnung, Unterbrechung, Verfahrensfortsetzung  #Umstellung auf Feststellungsbegehren  #Streitwertbemessung  
  • Einbringung von fristgebundenen Schriftsätzen per E-Mail

    06 CG.2020.185 vom 06.12.2024

    Rechtssatz

    Die Einbringung von fristgebundenen Schriftsätzen per E-Mail ist zulässig.

    06 CG.2020.185 - OGH.2024.102

    #E-Mail, Frist  #Frist, E-Mail  #Einbringung per E-Mail  
  • Zur Kautionspflicht

    07 CG.2022.278 vom 06.12.2024

    Rechtssatz

    1. § 57a ZPO: Forderungen der kautionspflichtigen Insolvenzmasse, die vom Schuldner dem Grunde nach bestritten werden, reichen zum Ausweisen eines Vermögens im Sinn von § 57a ZPO nicht aus.  

    2. §§ 57, 57a ZPO:  Die Vollstreckung zur Hereinbringung der Kosten muss zum Zeitpunkt deren Vollstreckbarkeit mit einiger Wahrscheinlichkeit gewährleistet sein, was eine   Prognose über die Sachlage zu diesem künftigen Zeitpunkt und damit eine Einzelfallprüfung erforderlich macht.

    07 CG.2022.278 - OGH.2024.47

    #Kautionspflicht, Insolvenzmasse  #Masseforderung, Kostenersatz  #Kautionspflicht, Vermögen  
  • Zum Informationsrecht des Ermessensbegünstigten

    05 HG.2022.174 vom 08.11.2024

    Rechtssatz

    1. Es ist für die Geltendmachung eines sekundären Feststellungsmangels nicht ausreichend, wenn bloss das Fehlen von Feststellungen gerügt wird. Vielmehr ist immer konkret auszuführen, weshalb in rechtlicher Hinsicht eine andere Beurteilung heransteht, die (hier) zu einer Abweisung der Anträge der Antragstellerinnen führen würde, wenn die Untergerichte die gewünschten zusätzlichen Feststellungen getroffen hätten.

     2. Eine Rechtsrüge, die nicht von den Tatsachenfeststellungen ausgeht und sich in Vermutungen und blossen Annahmen erschöpft, ist mangelhaft. Auszuführen wäre gem § 475 Z 4 ZPO vielmehr, warum das Berufungsgericht bei der Beurteilung des festgestellten Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist. Soweit das Rechtsmittel nicht von den erstgerichtlichen Feststellungen, sondern von einem Wunschsachverhalt ausgeht, ist es nicht dem Gesetz ausgeführt und bleibt insoweit unbeachtlich.

     3. Wurde ein Verfahrensmangel erster Instanz im Rechtsmittel an die zweite Instanz geltend gemacht, von der zweiten Instanz jedoch verneint, dann kann dieser erstinstanzliche Mangel nach stRsp in der dritten Instanz nicht mehr gerügt werden.

     4. Im Falle eines Ermessensbegünstigten kann der Stiftungsrat oder das sonst zuständige Organ durch Beschlussfassung unmittelbar einen Vermögensanspruch schaffen. Könnte der Stiftungsrat bzw das zuständige Organ aktuell einen Ausschüttungsentscheid fassen, ist von einem Ermessensbegünstigten zu sprechen. Bei einem blossen Anwärter ist dies nicht möglich, sei es, dass bestimmte Ereignisse oder Bedingungen noch nicht eingetreten sind, sei es, dass der Anwärter aus einem bestimmten Kreis von Zweckadressaten überhaupt erst zum Begünstigten bestellt werden müsste.

     5. Ein Begünstigter ist grundsätzlich berechtigt, zur Kontrolle der Rechtmässigkeit der Verwendung und Verwaltung des Stiftungsvermögens durch den Stiftungsrat entsprechende Informationsbegehren bei Gericht zu stellen. Dazu zählen auch Informationen darüber, wer der Stiftung aus welchem Grund Zuwendungen gemacht hat.

    05 HG.2022.174 - OGH.2024.84

    #sekundäre Feststellungsmängel, mangelhafte Rechtsmittelausführung  #Rechtsrüge, mangelhaft  #Verfahrensmängel, vom Rekursgericht verneinte  #Ermessensbegünstigung, Voraussetzungen  #Ermessensbegünstigte, Informationsrecht  #Rechtsmissbrauch  #Informationsrecht des Begünstigten, eingezahlte Beträge  #Informationsrecht des Begünstigten, Grund der Einzahlung  #Informationsrecht des Begünstigten, Person des Einzahlers  #Geheimhaltungsinteresse der Stiftung  
  • Zum Verzicht auf die Geltendmachung eines Schadenersatzbetrages samt Schmerzengeld im Sinne des § 1444 ABGB

    01 KG.2023.24 vom 08.11.2024

    Rechtssatz

    1. Ein blosses Tatsachengeständnis ohne Eingeständnis der subjektiven Merkmale des strafbaren Verhaltens ist unter dem Aspekt des reumütigen Geständnisses nicht mildernd.

    2. Als Beitrag zur Wahrheitsfindung ist ein Tatsachengeständnis im Sinne des § 34 Abs 1 Z 17 StGB nur dann zu berücksichtigen, wenn es sich massgeblich auf die Beweisführung ausgewirkt hat.

    3. Blosse wörtliche Provokationen durch das Tatopfer sind in der Regel nicht schuldmindernd.

    4. Das aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 94 Abs 4 StGB tatbestandsmässig nicht zu erfassende Imstichlassen des verletzten Tatopfers ist unter den Gesichtspunkten des § 32 Abs 2 und Abs 3 StGB schulderhöhend zu werten.

    5. Es ist mit der Konvention vereinbar, wenn die Beurteilung von Bagatelldelikten Verwaltungsbehörden übertragen wird, solange der Betroffene die Möglichkeit hat, die entsprechende Entscheidung durch ein Gericht iSd Art 6 EMRK überprüfen zu lassen.

    6. Ein unentgeltlicher Verzicht auf Rechtsausübung ist nur anzunehmen, wenn sich der Verzicht aus der Erklärung unzweifelhaft ergibt. Eine derartige Erklärung ist eng bzw. einschränkend auszulegen.

    7. Provokationen können ein Mitverschulden begründen, wenn sie geeignet sind, den Verletzer in einen Gemütszustand zu versetzen, von welchem angenommen werden kann, dass er sich zu Tätlichkeiten hinreissen lassen wird. Wörtliche Provokationen genügen in der Regel nicht, um ein Mitverschulden des Verletzten zu begründen.

    01 KG.2023.24 - OGH.2024.92

    #Tatsachengeständnis  #Wahrheitsfindung, Beitrag  #schuldmindernde Provokation durch das Tatopfer  #Handlungseinheit, tatbestandliche  #Schweizer Strafbefehlsverfahren, Rechtsnatur  #privatrechtliche Ansprüche  #Verzicht auf die Geltendmachung eines Schadenersatzbetrages samt Schmerzengeld  #Schmerzengeld, Globalbemessung  #Mitverschulden des Verletzten  
  • Herausgabepflichten des Rechtsanwalts

    08 CG.2022.150 vom 04.10.2024

    Rechtssatz wird in Kürze veröffentlicht

    08 CG.2022.150 - OGH.2024.59

    #Vollmacht auf den Todesfall  #Verwahrung von Gold durch den Anwalt  #Herausgabepflicht hinterlegten Goldes  #Verwahrungsvertrag, Kündigung  #sekundäre Feststellungsmängel, rechtliche Folgen  
  • Zum Urkundenbeweis

    15 PG.2022.31 vom 04.10.2024

    Rechtssatz

    § 266 ZPO: Der Inhalt einer im Verfahren vorgelegten Urkunde, die ihrem Inhalt nach unstrittig ist, kann der Entscheidung des Rechtsmittelgerichtes ohne weiteres zugrunde gelegt werden. Das wird damit begründet, dass der unstrittige Wortlaut einer Urkunde wie unstrittiges Parteivorbringen bei einer Entscheidung über den Revisionsrekurs berücksichtigt werden kann. Das gilt auch für das Ausserstreitverfahren.

    15 PG.2022.31 - OGH.2024.72

    #Kindesunterhalt  #Urkundenbeweis, Rechtmittelverfahren  
  • Zur überwiegenden Wahrscheinlichkeit

    SV.2023.48 vom 04.10.2024
  • Zur Unterbrechung des Verfahrens bei Tod einer Partei

    09 CG.2019.181 vom 06.09.2024

    Rechtssatz

    1) § 36 Abs 1 und 2 ZPO: Da § 36 Abs 1 ZPO die Vollmacht aufgrund eines Widerrufs oder einer Kündigung als aufgehoben ansieht („herbeigeführte Aufhebung der Vollmacht“), würde es für die Verhinderung der Verfahrensunterbrechung nicht ausreichen, wenn – etwa wegen einer Vollmachtskündigung noch vor dem Todeszeitpunkt - der Tod der Partei in die 14-tägige Interessenwahrungspflicht des § 36 Abs 2 fällt.

    2) § 155 Abs 1 ZPO: Das Verfahren wird im Fall des Ablebens einer Prozesspartei nur dann unterbrochen, wenn die verstorbene Partei nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war. Zweck dieser Bestimmung ist es, durch den Tod einer Partei bedingte Verzögerungen zu verhindern und die möglichst reibungslose Fortsetzung des Verfahrens zu ermöglichen. Die Vollmacht muss im Zeitpunkt des Todes der Partei noch aufrecht sein, damit das Verfahren nicht unterbrochen wird.

    3) § 495 Abs 2 ZPO: Der Rekurs an den OGH aufgrund eines Rechtskraftvorbehalts im Rekursverfahren ist als „Rekurs“ zu bezeichnen.

    #Verfahren  
  • Getendmachung von sekundären Feststellungsmängeln und Verfahrensmängeln; Geschäftsführungsmassnahmen der Stiftungsverwaltung; Substiftungen

    05 CG.2019.249 vom 06.09.2024

    Rechtssatz

    1) § 465 Abs 1 Z 3 ZPO, § 475 Abs 1 Z 2 ZPO: Zur Geltendmachung von sekundären Feststellungsmängeln: Es ist unter dem Gesichtspunkt des § 475 Abs 1 Z 2 ZPO nicht ausreichend, wenn bloss das Fehlen bestimmter Feststellungen gerügt wird. Vielmehr ist konkret auszuführen, weshalb in rechtlicher Hinsicht eine andere Beurteilung, die zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen würde, heransteht, wenn die Untergerichte zusätzliche Feststellungen getroffen hätten.

    2) § 465 Abs 1 Z 2 ZPO: Der Verfahrensmangel muss abstrakt geeignet sein, eine „unrichtige Entscheidung“ (für den Rechtsmittelwerber ungünstige Entscheidung) herbeigeführt zu haben. Hatte die vorgefallene Mangelhaftigkeit bei abstrakter Betrachtung keinen möglichen Einfluss auf die Entscheidung, liegt auch keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor (notwendige Kausalität des Verfahrensmangels).

    3) § 24 Abs 1, § 25 Abs 1 StiftG, § 1295 Abs 2 ABGB: Dem Begünstigten kommt mangels entsprechender vertraglicher Weisungsrechte grds kein Mitwirkungs-, geschweige denn ein Vetorecht gegen eine Geschäftsführungsmassnahme der Stiftungsverwaltung zu. Unterlassungsanspruch eines Begünstigten gegen eine Geschäftsführungsmassnahme des Stiftungsrats nur dann, wenn ein widerrechtliches Verhalten im Sinne eines groben Ermessensmissbrauchs im Sinne des § 1295 Abs 2 ABGB vorliegt.

    4) § 2, § 24 Abs 1, § 25 Abs 1 StiftG: Zur Zulässigkeit von Substiftungen: Die Errichtung und die damit verbundene Vermögensübertragung von der Haupt- auf die Substiftung muss entweder durch eine ausreichend konkrete Anordnung durch den Stifter zur Errichtung einer Substiftung (bzw durch eine zulässige Änderung der Statuten) oder durch den Stiftungszweck der Hauptstiftung gedeckt sein. Entscheidend ist, dass der Stiftungsrat den Stiftungszweck der Hauptstiftung erfüllt.

    05 CG.2019.249 - OGH.2024.25

    #Feststellungsmängel, Geltendmachung  #Feststellungsmängel, rechtliche  #Verfahrensmangel, Wesentlichkeit (Kausalität)  #Verfahrensart  #Bindungswirkung des Beschlusses  #Unterlassungsanspruch des Begünstigten gegen Geschäftsführung des Stiftungsrats, Ermessensmissbrauch  #Substiftungen, Voraussetzungen zur Gründung  
  • Zum gutgläubigen Erwerb eines unterschlagenen McLaren

    05 CG.2021.163 vom 05.07.2024

    Rechtssatz

    1) Im Anwendungsbereich des Art 40 IPRG ist ein Darlehensvertrag an den gewöhnlichen Aufenthalt oder die Niederlassung derjenigen Vertragspartei anzuknüpfen, welche die Darlehenssumme zur Verfügung stellt. Der Darlehensgeber ist der Erbringer der vertragscharakteristischen Leistung. Die Lokalisierung derjenigen Partei, die Zinsen für die Gewährung des Darlehens schuldet, ist kollisionsrechtlich ohne Belang.

    2) Was im Einzelfall für den gutgläubigen Erwerb einer beweglichen Sache vom Nichtberechtigten an Nachforschungs- und Sorgfaltspflichten seitens des Erwerbers zu erfüllen ist und welche konkreten Umstände diese Pflichten auslösen, ist objektiv zu beurteilen und weitgehend Gegenstand richterlichen Ermessens iSd Art 4 SR. Die blosse Möglichkeit zusätzlicher Nachforschungen über die Verfügungs­be­rechtigung ist irrelevant; entscheidend ist, was im Erwerbszeitpunkt (also ex ante) geboten war. Dem jeweils betroffenen Geschäftszweig kommt dabei typen- und massstabsbildende Bedeutung zu. So gelten etwa für den Handel mit und die Belehnung von Gebrauchtwaren gesteigerte Anforderungen an die Gutgläubigkeit.

    3) Bei der Abwägung zwischen Bestands- und Verkehrsinteressen kommt den richterlich zu konkretisierenden Anforderungen an die vom gutgläubigen Erwerber zu erfüllenden Nachforschungs- und Sorgfaltspflichten zentrale Scharnierfunktion zu: Je strenger die Anforderungen sind, desto schwächer ist die Rechtsscheinwirkung des Besitzes und umgekehrt.

    4) Während ein auffallend tiefer Kaufpreis Anlass zu Misstrauen gibt und dementsprechend die Erfüllung besonders gesteigerter Nachforschungspflichten beim Käufer für dessen Gutgläubigkeit bedingt, gilt das für den Pfandgläubiger und Darlehensgeber, dessen Gegenüber einen tiefen Belehnungswert der Pfandsache (hier: eines Fahrzeuges) akzeptiert, nicht in demselben Masse.

    5) Die Seltenheit oder der hohe Wert eines als Pfand angebotenen Fahrzeugs begründet für sich alleine noch keinen Misstrauensanlass für den späteren Pfandgläubiger. Denn die Annahme ist nicht zwingend, dass Verpfänder solcher Gegenstände häufiger unredlich handelten als jene, die weiter verbreitete oder weniger wertvolle Gegenstände verpfänden. Dementsprechend ist es weniger der Wert oder Verbreitungsgrad eines Fahrzeuges als vor allem die Schwäche des durch seinen Besitz vermittelten Rechtsscheines, welche gesteigerte Sorgfaltspflichten gebietet. Der Rechtsschein einer Besitzlage hängt demnach nicht grundsätzlich vom Wert des Besitzes ab.

    6) Dubiose Umstände eines Vertragsschlusses begründen stets gesteigerte Nachforschungspflichten beim Erwerber, der sich auf Gutgläubigkeit beruft.

    7) Eine AGB-Klausel, welche die Berechtigung zur umfassenden privaten Verwertung einer Pfandsache einschliesslich Selbsteintritt enthält, ist im Verkehr mit Banken, Pfandleihhäusern und vergleichbaren Einrichtungen weder unüblich noch kommt ihr ein verpönter Überrumpelungseffekt zu. Sie ist daher nicht ungewöhnlich iSd § 864a ABGB.

    05 CG.2021.163 - OGH.2023.102

  • Zum Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen

    SV.2023.28 vom 05.07.2024

    Rechttsatz

    Damit eine Eingliederungsmassnahme zu gewähren ist, müssen objektiv Möglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit vorhanden sein. Kein Anspruch auf Massnahmen besteht insoweit, wenn die Eingliederungsfähigkeit durch invaliditätsfremde Faktoren an ihrer Entfaltung verhindert ist. Die Eingliederungsmassnahme muss mithin immer eingliederungswirksam sein (E 11.1).

    Das IVG und das ALVG berücksichtigen die Besonderheiten bei behinderten Personen. Bezogen auf die Vermittlung durch die Arbeitslosenversicherung fällt nämlich ins Gewicht, dass für Personen mit einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung besondere Voraussetzungen gelten. Insoweit ergänzen sich die beiden auf die Vermittlung bzw die Verwertung der Restarbeitsfähigkeit gerichteten Sozialversicherungs­zweige IV und ALV. Beide Sozialversicherungszweige nehmen Bezug auf die ausgeglichene Arbeitsmarktlage und ordnen hier die besonderen Rechte von behinderten Personen (E 13.4 und 13.5).

    SV.2023.28 - OGH.2024.35

  • Zur Rückforderung von zu Unrecht bezahlten IV-Renten

    SV.2023.36 vom 05.07.2024

    Rechtssatz

    Art 82 Abs 2 AHVG legt bei der Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Leistungen eine relative und eine absolute Frist fest, wobei es sich dabei um Verwirkungsfristen handelt. Verwirkungsfristen sind – im Sozialversicherungsrecht – dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht unterbrochen oder gehemmt werden können und dass deren Bestand bzw. deren Ablauf von Amts wegen zu berücksichtigen sind. Die Annahme einer aus Art. 82 AHVG abzuleitenden formellen Verjährungsfrist würde eine klare Abweichung von der schweizerischen Rezeptionsvorlage bedeuten. Gesichtspunkte, welche eine solche grundlegende, weit reichende Abweichung nahelegen würden, sind nicht ersichtlich. Wird die Rückforderung innert dieser Fristen geltend gemacht, ist die Frist für die Rückforderung ein für alle Mal gewahrt (E 10).

    SV.2023.36 - OGH.2024.22

  • Zur Bestimmung des Valideneinkommens

    SV.2023.21 vom 05.07.2024

    Rechtssatz

    Kann für die Festlegung des Valideneinkommens nicht auf das zuletzt erzielte Einkommen abgestellt werden bzw. lässt sich das Valideneinkommen aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse nicht hinreichend genau beziffern oder ist davon auszugehen, dass die versicherte Person als Gesunde nicht mehr an der bisherigen Arbeitsstelle tätig wäre, so darf bzw. muss auf statistische Werte wie die vom (schweizerischen) Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) zurückgegriffen werden. Dabei müssen die für die Entlöhnung im Einzelfall relevanten persönlichen und beruflichen Faktoren mitberücksichtigt werden. In einem solchen Fall stellt sich dann zudem die Frage, was die versicherte Person ohne den Gesundheitsschaden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit effektiv gearbeitet hätte (E 9).

  • Auslieferung zur Vollstreckung: rechtsstaatliche Mängel in einem EMRK-Mitgliedsstaat

    11 RS.2024.51 vom 06.06.2024

    Rechtssatz

    Die Übernahme der Vollstreckung bewirkt ein Ruhen des inländischen Vollstreckungsanspruches.

    Die Anhängigkeit eines Verfahrens zur Übernahme der Vollstreckung in einem anderen Staat stellt kein im Gesetz vorgesehenes Auslieferungshindernis dar.

    Auch gravierende rechtsstaatliche Mängel in einem EMRK-Mitgliedsstaat rechtfertigen keine generelle Relativierung des völkerrechtlichen Vertrauensgrundsatzes.

    Der Nachweis, dass gerade seine aus Art 6 geschützten Rechte im Zielstaat konkret verletzt wurden oder bedroht sind, ist vom Betroffenen zu erbringen.

    Der Widerruf einer bereits rechtskräftig ausgesprochenen, zunächst bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe fällt nicht in den Schutzbereich des Art 6 EMRK.

    11 RS.2024.51 - OGH.2024.41

  • Zur Abberufung eines Datenschutzbeauftragten

    08 CG.2021.120 vom 03.05.2024

    Rechtssatz

    Art 38 Abs 3 DSGVO, Art 7 Abs 3 DSG: Die Abberufung des Datenschutzbeauftragten einer öffentlichen Stelle wegen der Erfüllung seiner Aufgaben ist generell unzulässig.

    Art 7 Abs 4 DSG: Im Übrigen ist die Abberufung bzw Kündigung des Datenschutzbeauftragten einer öffentlichen Stelle nur aus einem wichtigen Grund möglich. 

    Art 7 Abs 3 und 4 DSG: Ein Aufhebungsvertrag ist zulässig.

    § 257 Abs 7 ZPO: Ein nach dieser Bestimmung verspätet eingebrachter Schriftsatz, der inhaltlich zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war und vom Gericht verwertet wurde, ist zu entlohnen.

    08 CG.2021.120 - OGH.2024.15

  • Zur Frage der Anpassung bzw Revision der laufenden Verwitwetenrente

    SV.2023.41 vom 03.05.2024

    Rechtssatz

    Es bildet Kennzeichen der Regelung der Verwitwetenrente für geschiedene Personen, dass diese prinzipiell ohne zeitliche Begrenzung zu leisten ist, sobald im Zeitpunkt des Tods des unterhaltsverpflichteten Ehegatten der Anspruch auf die Verwitwetenrente entsteht. Art 58 und Art 70 AHVG enthalten keine hinreichende Regelung, dass bei späteren Sachverhaltsänderungen eine Anpassung bzw Revision der laufenden Rente vorgenommen werden könnte. Das Legalitätsprinzip schliesst deshalb aus, hier eine Anpassung bzw Revision der laufenden Hinterlassenenrente vorzunehmen.

    SV.2023.41 - OGH.2024.24

  • Zur Bindungswirkung des Aufhebungsbeschlusses und zur Sachlegitimation

    Urteil vom 03.05.2024

    Rechtssatz

    1) Auch der Oberste Gerichtshof selbst ist im weiteren Verfahren an seine in einem Aufhebungsbeschluss oder in einem einen zweitinstanzlichen Aufhebungsbeschluss bestätigenden Beschluss geäusserte Rechtsansicht gebunden, ausser es haben sich nach der Aufhebung der massgebliche Sachverhalt oder die Rechtslage geändert.

    2) Das Bestehen der Sachlegitimation ist keine Prozessvoraussetzung, sondern eine Frage des materiellen Rechts. Mangelnde Sachlegitimation führt zur Abweisung des Sachantrags.

    04 CG.2020.110 - OGH.2023.109

  • Kein Kostenersatzanspruch für Selbstvertretung eines Rechtsanwaltes im Straf- bzw Disziplinarverfahren

    DO.2021.10 vom 03.05.2024

    Rechtssatz

    Unter den Gebühren der Verteidiger und anderer Parteienvertreter im Sinne des § 301 Abs 1 Z 4 StPO sind nur die Kosten eines tatsächlich in Anspruch genommenen Vertreters zu verstehen, nicht aber die Entschädigung, die eine rechtskundige Partei für ihre eigene Betätigung im Verfahren in Anspruch nimmt.

    Mit Art 1 Abs 2 RATG wird lediglich die Anwendbarkeit des RATG als Berechnungsgrundlage konstituiert, jedoch keine eigene Rechtsgrundlage für den Kostenersatzanspruch geschaffen.

    Die Grundsätze des Zivilverfahrens unterscheiden sich von jenen des Strafverfahrens derart, dass eine Gleichbehandlung hinsichtlich der Tragung der Kosten der Rechtsvertretung in beiden Verfahrensarten nicht zwingend geboten ist.

    DO.2021.10 - OGH.2024.29

  • Schadenersatz der Versicherung bei Aufklärungspflichtverletzung

    05 CG.2022.163 vom 05.04.2024

    Rechtssatz

    1)   Das Vertragsstatut des Art 39 IPRG erfasst grundsätzlich sämtliche der sich aus dem Vertrag ergebenden Beziehungen zwischen den Vertragsparteien. Dazu gehören auch die Folgen einer Vertragsverletzung, wie insbesondere Schadenersatzansprüche. Für das auf Grundlage des IVersG ermittelte Statut von Versicherungsverträgen gilt nichts anderes.

    2)   Schadenersatzansprüche aufgrund von verletzten Aufklärungs- oder Beratungspflichten unterliegen selbst dann dem (hypothetischen) Vertragsstatut, wenn sie das vorvertragliche Stadium betreffen. Folgt das Vertragsstatut aus einer Rechtswahl zwischen den Vertragsparteien, so bindet diese auch Dritte, deren Rechte mit dem Vertragsverhältnis begründet und die auf dessen Grundlage begünstigt werden sollen (hier: Bezugsberechtigte einer Lebensversicherung).

    3)   Bei behaupteter Verletzung einer Aufklärungspflicht durch Unterlassung bleibt der Geschädigte für die Kausalität der Pflichtverletzung hinsichtlich Schadenseintritt und -umfang beweispflichtig. Die Notwendigkeit eines Rückgriffs auf Wahrscheinlichkeiten bei der Beweisführung ändert daran nichts. Ein kausalitätsbezogenes non liquet (hier: fehlendes Beweisergebnis hinsichtlich des schadensvermeidenden Verhaltens Dritter bei hypothetisch erfolgter Aufklärung durch den Vertragspartner) steht dem Zuspruch von Schadenersatz entgegen.

    4) Der Rechtswidrigkeitszusammenhang bildet eine (auch für die vertragliche Haftung relevante) Voraussetzung der Ersatzpflicht. Gehaftet wird nur für die Verletzung jener Interessen, derentwegen ein bestimmtes Verhalten gefordert oder untersagt ist. Mit Blick auf gesetzliche Bestimmungen ist deshalb vorab durch Auslegung zu ermitteln, ob deren Schutzbereich sowohl für den jeweiligen Schaden (sachlich) als auch mit Blick auf den Geschädigten (persönlich) eröffnet ist.

    5)   Ob es sich bei einem Meinungsstand in der Literatur um die sog herrschende Meinung handelt, ist nicht bloss nach quantitativen Merkmalen (Anzahl der Vertreter einer Meinung), sondern vielmehr im Lichte einer Gesamtschau qualitativer Kriterien zu beurteilen. Sofern es um die Anwendung ausländischen Rechts geht, ist ein Rückgriff auf die dort herrschende Literaturmeinung nur subsidiär. Für ihn bleibt kein Raum, wenn die jeweilige Rechtsfrage durch ausländische höchstgerichtliche Rechtsprechung bereits eindeutig beantwortet ist.

     

    05 CG.2022.163 - OGH.2023.96

  • Zur Beweislastverschiebung

    15 CG.2020.30 vom 05.04.2024

    Rechtssatz

    Eine Beweislastverschiebung ist auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen die „Nähe zum Beweis“ – im Einzelfall – den Ausschlag für die Zuteilung der Beweislast gibt; etwa dann, wenn Tatfragen zu klären sind, die „tief in die Sphäre einer Partei hineinführen“. Zu einer Verschiebung der Beweislast kommt es also (nur) dann, wenn der Kläger mangels genauer Kenntnis der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismässige Beweisschwierigkeiten hat, wogegen dem Beklagten diese Kenntnisse zur Verfügung stehen und es ihm daher nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben. Allein durch einen Beweisnotstand wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls ist eine Verschiebung der Beweislast hingegen nicht gerechtfertigt (hier: Ansprüche nach Art 218 ff PGR und §§ 1293 ff ABGB).

    15 CG.2020.30 - OGH.2023.107

    #Beweislast  
  • Keine Fristwahrung durch E-Mail-Eingaben oder DHL-Übermittlung

    07 CG.2022.78 vom 05.04.2024

    Rechtssatz

    § 126 Abs 3 ZPO: Die Nichteinrechnung der Tage des Postenlaufes in die Frist gilt nur bei der Aufgabe der Sendung bei der Post, nicht bei Aufgabe der Sendung bei privaten Kurierdiensten (hier DHL).

    07 CG.2022.78 - OGH.2023.44

  • IV: Erschliessung des Gartens zur Rollstuhlbenutzung

    SV.2023.44 vom 05.04.2024

    Rechtssatz

    Klärung der Frage, was bei der Hilfsmittelversorgung eine „Änderung in der Wohnung“ darstellt. Der klare Wortlaut von Ziff 14.04 Anhang IVV schliesst es aus, eine erstmalige, auf eine Rollstuhlbenutzung gerichtete Einrichtung eines von der Wohnung räumlich getrennten Gartens im Rahmen einer “Änderung in der Wohnung“ im Rahmen der Hilfsmittelversorgung zu vergüten. Dass ein Aufenthalt der versicherten Person im Freien wünschenswert und allenfalls auch notwendig ist, kann angesichts des klaren Wortlauts der Bestimmung auch unter grundrechtlichen Aspekten nicht zu einem anderen Ergebnis führen (E 10.4).

    Die Anrufung der Austauschbefugnis setzt eine funktionelle Gleichartigkeit zwischen den beiden in Frage stehenden Leistungen voraus. Es fehlt bei einer Erschliessung eines (nicht zur Wohnung gehörenden) Gartens zur Benutzung mit dem Rollstuhl anstelle der Erschliessung einer Terrasse durch einen Treppenlift an einer solchen funktionellen Gleichartigkeit. Es geht bei der angestrebten Erschliessung des Gartens nicht darum, dass die versicherte Person die Wohnstätte benutzen und verlassen kann. Vielmehr wird damit ermöglicht, dass die versicherte Person sich an einem von ihr bestimmten Platz im Freien aufhalten kann. Dass dies sinnvoll und allenfalls auch notwendig ist, bedeutet noch nicht, dass bezogen auf den Treppenlift eine funktionelle Gleichartigkeit besteht. Würde in einem solchen Fall eine funktionelle Gleichartigkeit angenommen, würde es der versicherten Person ermöglicht, durch Verzicht auf die Inanspruchnahme eines Hilfsmittels einen frei gewählten sonstigen Gebrauch der entsprechenden finanziellen Mittel vorzunehmen, was von der Austauschbefugnis nicht erfasst wird (E 13.3).

    SV.2023.44 - OGH.2024.14

  • Nachträgliche Unteraufsichtstellung einer Stiftung

    06 HG.2022.34 vom 05.04.2024

    Rechtssatz

    Art 552 § 32 PGR: Die nachträgliche Unteraufsichtstellung einer Stiftung bedarf einer sachlichen Rechtfertigung. Sie muss immer zur Verbesserung im Rahmen des Stiftungszwecks führen. Statuten dürfen nicht leichtfertig geändert werden. Eine Änderung der Organisationsstruktur der Stiftung ist nur in ganz wenigen Fällen gerechtfertigt.

    Das Bestreben eines Stiftungsrats, sich eines unliebsamen Kontrollorgans oder unliebsamer Begünstigter zu entledigen, vermag eine Änderung der Organisationsstruktur durch Unteraufsichtstellung nicht zu rechtfertigen. Ebenso wenig stellen die Entspannung einer Konfliktsituation oder eine behauptete «aktuelle finanzielle Situation» einen sachlichen Rechtfertigungsgrund zur Schaffung einer zusätzlichen Kontrollinstanz dar.

    06 HG.2022.34 - OGH.2023.127

  • Revisibilität nach liechtensteinischem Zivilprozessrecht

    09 CG.2022.76 vom 05.04.2024

    Rechtssatz

    Das internationale Zivilprozessrecht wird vom Grundsatz der sogenannten lex fori beherrscht, wonach das jeweilige Gericht das Verfahrensrecht seines Landes anzuwenden hat. Die Frage der Revisibilität bestimmt sich hier trotz des anzuwendenden deutschen Sachrechts nach liechtensteinischem Zivilprozessrecht.

    09 CG.2022.76 - OGH.2023.111

  • Zum Unmittelbarkeitsgrundsatz

    06 CG.2020.185 vom 05.04.2024

    Rechtssatz

    §§ 482, 437 Abs 1, 75 Z 3 ZPO: Die Einbringung einer Revisionsbeantwortung per E-Mail ist unzulässig und insbesondere nicht fristwahrend.

    § 281 a ZPO: Die Verlesung von als Urkunden vorgelegten Protokollen über die Einvernahme von Zeugen in einem anderem Gerichtsverfahren ist nur unter den Voraussetzungen des § 281a ZPO zulässig.

    § 196 ZPO: Die angebliche Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit ist seit der ZPO-Novelle 2018 rügepflichtig.

    06 CG.2020.185 - OGH.2023.89

  • Fiduziarischer Errichtung des Trusts: Auskunftsrechte des Treugebers

    06 CG.2020.232 vom 01.03.2024

    Rechtssatz

    Art 552 § 4 Abs 3 PGR: Die Bestimmung des Art 552 § 4 Abs 3 PGR kann auf den Trust analog herangezogen werden. Auch im Fall der fiduziarischen Errichtung eines Trusts durch einen indirekten Stellvertreter ist der Geschäftsherr (Machtgeber) als Treugeber anzusehen.

    Art 917 PGR, § 49 Abs 3, § 68 TrUG: Dem Treugeber stehen auch bei fiduziarischer Errichtung des Trusts Auskunfts- und Einsichtsrechtsrechte gegenüber den Treuhändern des Trusts zu. Diese Rechte müssen nicht in der Treuanordnung vorbehalten werden.

    § 863 ABGB: Ein stillschweigender Verzicht (hier: auf Informationsrechte des Treugebers) darf immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass er vom konkludent Erklärenden ernstlich gewollt ist.

    06 CG.2020.232 - OGH.2023.95

  • Zur Ausschaffungshaft

    12 UR.2024.1 vom 01.03.2024

    Rechtssatz

    Auch passives Verhalten bei der Identitätsabklärung und Papierbeschaffung kann die Annahme einer Untertauchensgefahr begründen.

    Art 61a Abs 5 AuG fordert den Beistand eines Verteidigers nicht schon bei der Anordnung oder Durchführung der Verhandlung gemäss Art 60 Abs 3 AuG zur Überprüfung der Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Haft.

    Worüber der Betroffene in der Haftverhandlung im Ausschaffungsverfahren zu belehren ist, ist in Art 61a Abs 2 AuG geregelt.

    Die Anwendung gelinderer Mittel ist auch im Falle einer Ausschaffungshaft zu prüfen.

    12 UR.2024.1 - OGH.2024.9

  • Zur Verzinsung von rechtsgrundlos vorenthaltenen Geldbeträgen

    08 CG.2022.207 vom 01.03.2024

    Rechtssatz

    §§ 1479, 1480 ABGB in Verbindung mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz: Unter gewissen Umständen verjähren (Vergütungs)Zinsen aus rechtsgrundlos vorenthaltenen Geldbeträgen erst nach dreissig Jahren und gebühren auch schon für den Zeitraum vor Einmahnung.   

    § 487 Abs 1 ZPO: Auch ein vom Berufungsgericht gefasster Urteilsberichtigungsbeschluss ist ein im Berufungsverfahren ergangener Beschluss, gegen den gemäß § 487 Abs 1 ZPO ein Rekurs unstatthaft ist.

    §§ 423, 465 Abs 1 Z 1 ZPO: Ein nicht erledigter Sachantrag scheidet mangels Rüge aus dem Verfahren aus.

    § 475 Abs 1 Z 2 ZPO: Der Verweis in der Revision auf den Inhalt von anderen in derselben oder in einer anderen Rechtssache erstatteten Schriftsätzen (Rechtsmitteln) ist nicht zulässig.

    Art XV EGZPO:  Bei der Fällung eines Teilurteils über die Verpflichtung zur Rechnungslegung müssen auch die Grundlagen des erst zu beziffernden Leistungsbegehrens geklärt werden. Allerdings müssen die Grundlagen des Zahlungsbegehrens nur soweit geprüft werden, als sie sich mit den Grundlagen der Rechnungslegungspflicht decken. Über verjährte Herausgabeansprüche muss nicht Rechnung gelegt werden, weshalb schon im Manifestationsverfahren die Verjährung des Anspruchs auf Herausgabe zu prüfen ist.

    08 CG.2022.207 - OGH.2024.4

  • Zur Schadensminderungspflicht

    15 CG.2022.38 vom 01.03.2024

    Rechtssatz

    Die im gesamten Bereich des Sozialversicherungsrechts geltende Schadenminderungspflicht und die daraus abgeleitete Selbsteingliederungslast gelten auch im Bereich des Krankengelds nach KVG. Die genannten Grundsätze gebieten grundsätzlich, die Frage nach der Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit möglichst früh zu beantworten. Freilich sind bestimmte Rahmenbedingungen zu beachten (hinreichende ärztliche Bescheinigung, objektive und subjektive Zumutbarkeit, Einkommensvergleich) (E. 10).

    15 CG.2022.38 - OGH.2023.125

  • Beiträge an die betriebliche Personalvorsorge

    SV.2023.32 vom 01.03.2024

    Rechtssatz

    Es ergibt sich aus dem klaren Wortlaut von Art 9 lit a AHVV unmittelbar, dass sämtliche Beiträge, welche gestützt auf ein Reglement an die betriebliche Personalvorsorge entrichtet werden, beitragsfreie Leistungen sind. Eine bestimmte prozentuale Begrenzung kann nicht angenommen werden. Es ist nicht ersichtlich, dass ein triftiger Grund das Ergebnis nahelegen könnte, dass der Wortlaut am wahren Sinn der Regelung vorbeizielt. Weder die Entstehungsgeschichte, noch der Zweck oder der Zusammenhang mit anderen Vorschriften, noch das Merkblatt 1.4 lassen einen solchen triftigen Grund erkennen (E 12, E 14).

    SV.2023.32 - OGH.2024.11

  • Zur Bezahlung von Überstunden und Überzeit

    07 CG.2020.333 vom 01.03.2024

    Rechtssatz

    Bei Überstunden zwischen der vereinbarten Arbeitszeit und der Maximalarbeitszeit kann gemäss Arbeitsgesetz die Bezahlung eines Zuschlags und auch des Normallohns wegbedungen werden, nicht aber bei Überschreitung der Maximalarbeitszeit.

    07 CG.2020.333 - OGH.2023.105

  • Zum Vorbringen

    15 CG.2022.13 vom 01.03.2024

    Rechtssatz

    § 232 Abs 1 ZPO: Beilagen, also auch SV-Gutachten, können als Bestandteil des Vorbringens qualifiziert werden, wenn dies aus dem Vorbringen klar hervorgeht.

     § 243 Abs 2 ZPO: Mit der Bestreitung des geänderten Klagsvorbringens hat die beklagte Partei darüber verhandelt und damit ihr zeitlich abgegrenztes Widerspruchsrecht verwirkt. Eine Entscheidung über die Klagsänderung ist in diesem Fall nicht erforderlich.

     § 432 Abs 2 ZPO: Die Einräumung einer Neuerungserlaubnis zugunsten jener Partei, die in erster Instanz entgegen ihrer prozessualen Diligenzpflicht nicht vollständig vorbringt, wäre eine mit dem Grundsatz des fair trial nicht zu vereinbarende "Belohnung" der Verletzung der prozessualen Vollständigkeitspflicht (§ 178 ZPO) und damit dem Prozessgegner gegenüber nicht zu rechtfertigen.

     § 475 Abs 1 Z 2 ZPO: Der Inhalt einer Rechtsmittelerklärung kann nicht ein „Bestreiten“ und „Anerkennen“ von „Darlegungen“ des bekämpften Urteils sein, sondern nur die bestimmte Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird.

    15 CG.2022.13 - OGH.2023.108

  • Zur Beweiswürdigung und Privatgutachten

    03 CG.2020.102 vom 01.03.2024

    Rechtssatz

    § 272 ZPO: Fragen der Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung gehören in den Bereich des Prozessrechts und sind daher nach der lex fori zu beurteilen.

     § 272 ZPO, Art 17 PGR: „Geschäfts(un)fähigkeit“ stellt einen rechtlichen Schluss aus einem erst festzustellenden und daher den Beweisgegenstand bildenden Gesundheits- bzw Geisteszustand dar.

     §§ 351 ff ZPO: Ein Privatgutachten ist selbst dann, wenn es von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen erstellt wurde, nicht als Sachverständigengutachten, sondern verfahrensrechtlich als Privaturkunde anzusehen. Daraus folgt, dass das Privatgutachten den Regeln des Urkundenbeweises unterliegt. Als solche beweisen Privatgutachten lediglich, welche Ansicht der Verfasser vertritt.

     § 432 Abs 2 ZPO, §§ 351 ff ZPO: Nach der Judikatur des Fürstlichen Obersten Gerichtshofs sind dem Rechtsmittel angeschlossene Privatgutachten grundsätzlich unbeachtlich.

     § 472 Z 2 ZPO: Verfahrensmängel in erster Instanz, die im Berufungsverfahren gerügt und von der Berufungsinstanz verneint wurden, können in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden.

     § 472 Z 2 ZPO Auch die prozessuale Entscheidung, ob eine Beweisergänzung notwendig erscheint, ist ein – in dritter Instanz unüberprüfbarer – Akt der Beweiswürdigung. Daher ist die Frage, ob dem Sachverständigengutachten gefolgt werden kann oder ob ein weiteres einzuholen gewesen wäre oder ob die Privatgutachten bzw Stellungnahmen zu erörtern gewesen wären, eine Frage der in dritter Instanz nicht überprüfbaren Beweiswürdigung.

    03 CG.2020.102 - OGH.2023.104

  • Zur Rechtsrüge

    05 CG.2022.100 vom 01.03.2024

    Rechtssatz

    Eine Rechtsrüge, die sich (überwiegend) von den Feststellungen entfernt und in (unrichtigen) Rechtsbehauptungen erschöpft oder darauf beschränkt, allgemein die Unrichtigkeit der unterinstanzlichen rechtlichen Beurteilung zu behaupten, ohne dies im Sinn einer Auseinandersetzung mit den Argumenten des Berufungsgerichts zu konkretisieren, ist nicht gesetzmässig ausgeführt und einer Behandlung durch das Revisionsgericht nicht zugänglich.

    05 CG.2022.100 - OGH.2023.117+118

  • Rechtsmittel per E-Mail an Richter oder andere Gerichtspersonen nicht zulässig und nicht fristwahrend.

    09 CG.2023.17 vom 09.02.2024

    Rechtssatz

    §§ 437 Abs 1, 75 Z 3 ZPO und §§ 84, 85 ZPO: An Organe oder Bedienstete des Gerichts per E-Mail übermittelte Rechtsbehelfe wirken in der Regel nicht fristwahrend. Eine Ausnahme kann - abhängig von den Umständen des Einzelfalls -  beispielsweise dann gerechtfertigt sein, wenn ein Fehler vorliegt, der nach §§ 84, 85 ZPO verbesserungsfähig und somit nicht auf eine missbräuchliche Inanspruchnahme dieses Rechtsinstituts zurückzuführen ist.

    Art 8 Abs 1 MWSTG: Eine von Rechtsanwälten gegenüber einem im mehrwertsteuerrechtlichen Ausland, das heisst nicht im Fürstentum Liechtenstein oder der Schweiz, wohnhaften Klienten erbrachte Dienstleistung gilt als im Ausland erbracht.

    09 CG.2023.17 - OGH.2023.99

  • Bereicherungsrechtlicher Rückerstattungsanspruch, Verjährungsfrist

    05 CG.2022.270 vom 09.02.2024

    Rechtssatz

    Bereicherungsansprüche unterliegen grundsätzlich der dreissigjährigen Regelverjährung gemäss § 1478 ABGB. Davon zu unterscheiden sind die „Forderungen aus dem Versicherungsvertrag“, die ihrer Rechtsnatur nach Erfüllungsansprüche sind; für sie gilt gemäss Art 38 VersVG eine fünfjährige Verjährungsfrist. Eine analoge Anwendung des Art 38 VersVG auf den bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch nach erklärtem Vertragsrücktritt findet nicht statt.

    05 CG.2022.270 - OGH.2023.83

  • Zur Invalidenrente: nachträglich eingereichte medizinische Unterlagen

    SV.2023.24 vom 09.02.2024

    Rechtssatz

    Nachträglich eingereichte medizinische Unterlagen sind – soweit nicht das bereits vorliegende medizinische Gutachten in Frage steht – nicht von den Sachverständigen des bereits erstellten Gutachtens zu begutachten, sondern im Rahmen einer Beweiswürdigung durch die IV einzuordnen. Diese hat in der Folge zu entscheiden, ob die Beweiswürdigung bereits zu einem hinreichenden Resultat geführt hat oder ob im Rahmen der Untersuchungspflicht ein (Verlaufs-)Gutachten einzuholen ist (E. 8.8).

    SV.2023.24 - OGH.2023.100

  • Invalidenrente und Wohnsitz

    SV.2023.23 vom 09.02.2024

    Rechtssatz

    Art 34 Abs 1 lit a einerseits und Art 34 Abs 1 lit b AHVG anderseits sind alternativ zu verstehen. Wenn Art 34 Abs 1 lit a AHVG an erster Stelle das Unterstellungkriterium des zivilrechtlichen Wohnsitzes nennt, wird damit der Charakter einer Volksversicherung betont. Mehr kann daraus nicht abgeleitet werden. Die ständige Verwaltungspraxis hat seit je bei paralleler Erfüllung des Unterstellungskriteriums des zivilrechtlichen Wohnsitzes und zugleich der Erwerbstätigkeit einzig auf das Unterstellungkriterium der Erwerbstätigkeit abgestellt. Andernfalls würde resultieren, dass ein und dieselbe erwerbstätige und in Liechtenstein wohnhafte Person sowohl Erwerbstätigenbeiträge wie auch Nichterwerbstätigenbeiträge bezahlen müsste.

    Das Prinzip, dass bei paralleler Erfüllung des Kriteriums des Wohnsitzes und der Erwerbstätigkeit die Unterstellung primär wegen Erwerbstätigkeit vorgenommen wird, gilt auch im internationalen Bereich, wenn hier eine Erwerbstätigkeit im einen (Vertrags-)Staat mit der Nichterwerbstätigkeit/dem Wohnsitz im anderen (Vertrags-)Staat zusammenfällt. Entsprechende staatsvertragliche Regelungen, welche auf das Erwerbsortsprinzip abstellen, bringen insoweit mit sich, dass bei Erwerbstätigkeit im einen Staat (beispielsweise in der Schweiz) trotz Wohnsitzes im anderen Staat (beispielsweise in Liechtenstein) hier eine obligatorische Versicherungsunterstellung fehlt (E 7.4).

    SV.2023.23 - OGH.2023.88

  • Klagseinschränkung und unrichtige Rechtsmittelbelehrung

    03 CG.2019.11 vom 09.02.2024

    Rechtssatz

    § 243 Abs 4 ZPO: Die Umstellung des Klagebegehrens von Herausgabe einer Sache an die Partei auf Gerichtserlag bedeutet ein Minus und damit eine Klagseinschränkung.  

    §§ 431, 471 ZPO: Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung eröffnet keine vom Gesetz nicht vorgesehene Rechtsmittelmöglichkeit. Jedenfalls die rechtskundig vertretenen Parteien können auf eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung nicht vertrauen.

    03 CG.2019.11 - OGH.2023.85+86

  • Verfahrensmängel erster Instanz und gesetzmässige Ausführung der Revision

    08 CG.2023.13 vom 09.02.2024

    Rechtssatz

    § 472 Z 1, § 446 Abs 1 Z 9 ZPO: Von einer mangelnder Begründung im Sinne des Nichtigkeitsgrundes des § 446 Abs 1 Z 9 ZPO kann nur dort gesprochen werden, wo die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt.

     § 472 Z 2 ZPO: Ein Verfahrensmangel erster Instanz, der im Berufungsverfahren zwar gerügt, vom Berufungsgericht aber verneint worden ist, kann im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden.

     § 475 Abs 2 ZPO: Weitläufige „Einleitungen“ vor der konkreten Rechtsrüge entsprechen § 475 Abs 2 ZPO nicht und sind per se gesetzwidrig.

     § 475 Abs 2 ZPO: Dass das Fürstliche Obergericht angeblich über die Berufung „drübergefahren“ sei bzw „das gesamte Verfahren … dem Grunde nach auf rechtlich verfehlten Überlegungen“ basiere, stellt keine gesetzmässige Ausführung des Rechtsmittelgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung dar.

     § 475 Abs 2 ZPO: Eine Revision, die verfahrensrechtliche Grundsätze nicht berücksichtigt, ist „nicht gesetzmässig ausgeführt“.

     § 475 Abs 2 ZPO: Geht der Rechtsmittelwerber nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, dann ist der Revisionsgrund des § 472 Z 4 ZPO nicht gesetzmässig ausgeführt und sind die Ausführungen unbeachtlich.

    08 CG.2023.13 - OGH.2023.126

  • Zu Verfahrensmängeln erster Instanz

    02 CG.2020.217 vom 09.02.2024

    Rechtssatz

    Wurde ein Mangel erster Instanz in der Berufung geltend gemacht, vom Berufungsgericht jedoch verneint, dann kann der Mangel gewöhnlich (von Ausnahmefällen abgesehen) in der Revision nicht mehr gerügt werden.

    §§ 196, 328 ZPO: Die angebliche Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (bei Einvernahme eines Zeugen durch den ersuchten Richter nach) ist seit der ZPO-Novelle 2018 rügepflichtig.

    §§ 266 ZPO: Eine im Verfahren vorgelegte Urkunde, die ihrem Inhalt nach unstrittig ist, kann der Entscheidung des Revisionsgerichts zugrunde gelegt werden.

    Art 100 Abs 1 LV: Schriftliche Aussagen von Zeugen sind dem liechtensteinischen Zivilprozess fremd (Grundsätze der Mündlichkeit und der Unmittelbarkeit).

    02 CG.2020.217 - OGH.2023.68

  • Richterliche Betragsschätzung: Anfechtbar nur bei Ermessensexzess

    CO.2023.1 vom 05.01.2024

    Rechtssatz

    § 60 Abs 2 ZPO: Beim Kautionsverfahren handelt es sich um ein summarisches Bescheinigungsverfahren, welches auf prognostischer Grundlage beschleunigt durchzuführen ist.

    Der Betrag der zu leistenden Sicherheit ist nicht „auf das Komma genau“ zu berechnen, zumal es sich immer um eine Prognoseentscheidung handelt, der eine Ungenauigkeit immanent ist.

    § 60 Abs 2, § 273 ZPO: Entscheidungen des Gerichts aufgrund richterlicher Betragsschätzung (§ 273 ZPO) können nur unter dem Aspekt eines „Ermessensexzesses“ erfolgreich bekämpft werden.

    § 267 Abs 1 ZPO: Ein schlüssiges Geständnis mangels eines ausdrücklichen Bestreitens des gegnerischen Vorbringens kann grundsätzlich nur unter Berücksichtigung des Gesamtvorbringen der nicht bestreitenden Partei angenommen werden.

    CO.2023.1 - OGH.2023.43

  • Zu Schadenersatzansprüchen

    09 CG.2022.31 vom 05.01.2024

    Rechtssatz

    § 232 ZPO: Jeder von mehreren in einer Klage geltend gemachten Schadenersatzansprüchen muss ziffernmässig bestimmt und individualisiert sein.

    09 CG.2022.31 - OGH.2023.54

  • Zur Nichtigkeitsklage

    15 CG.2022.130 vom 05.01.2024

    Rechtssatz

     § 497  Abs 2 ZPO: Erfolglose Geltendmachung der mangelnden Vertretung im Vorverfahren schliesst Nichtigkeitsklage aus.

    15 CG.2022.130 - OGH.2023.93

  • Zurückziehung der Revision

    08 CG.2022.207 - ON 83 vom 05.01.2024

    Rechtssatz

    §§ 482, 454 ZPO: Die Zurückziehung der Revision ist bis zur Entscheidung über diese zulässig; das ist mit deklarativem Beschluss zur Kenntnis zu nehmen.

    Eine Kostenentscheidung ist mit diesem Beschluss in der Regel (noch) nicht zu treffen. Über die aus der Zurückziehung der Revision nach § 454 Abs 3 ZPO iVm § 482 ZPO resultierende Kostenersatzpflicht des Rechtsmittelwerbers ist nämlich nicht von Amts wegen zu entscheiden. Voraussetzung für einen Kostenzuspruch ist vielmehr ein darauf gerichteter, fristgebundener Antrag des Rechtsmittelgegners. Auch Kosten, die der Höhe nach bereits in der Rechtsmittelbeantwortung verzeichnet wurden, sind in diesem Fall nur über gesonderten Antrag zuzusprechen, weil der Zurückziehung eines Rechtsmittels häufig eine abschliessende aussergerichtliche Einigung der Parteien zugrunde liegt.

    08 CG.2022.207 - OGH.2023.74 ON 83

  • Invaliditätsgrad

    SV.2023.17 vom 05.01.2024

    Rechtssatz

    Bezogen auf ausländische Entscheidungen zur Höhe des Invaliditätsgrades besteht keine Bindungswirkung.

    SV.2023.17 - OGH.2023.79

  • Zum Urteilsspruch

    08 CG.2022.207 - ON 85 vom 05.01.2024

    Rechtssatz

    §§ 472 Z 2, 423 ZPO:

    In einem Urteilspruch muss sowohl der stattgebende Teil genau bezeichnet, als auch die Abweisung des nicht zugesprochenen Begehrensteils ausdrücklich enthalten sein. Das gilt auch für Entscheidungen der Rechtsmittelgerichte. Sonst kann ein Ergänzungsantrag zu stellen bzw das (Berufungs-)Urteil mangelhaft sein.

    Der nicht erledigte Teil eines Klagebegehrens scheidet aus dem Verfahren aus, sofern die nicht gänzliche Erledigung des Klagebegehrens nicht mit einem Rechtsmittel oder Ergänzungsantrag gerügt wird. Weder die Versäumung des Rechtsmittels noch des Urteilsergänzungsantrags präkludiert die Geltendmachung des nicht erledigten Anspruchs mit selbstständiger Klage.

    08 CG.2022.207 - OGH.2023.75 ON 85

  • Zur aufschiebenden Wirkung

    SV.2023.27 vom 05.01.2024

    Rechtssatz

    Die aufschiebende Wirkung bedeutet, dass die in Frage stehende Rechtsfolge vorläufig nicht eintritt, sondern gehemmt wird. Der tatsächliche und rechtliche Zustand soll insoweit einstweilen erhalten bleiben. Bei der aufschiebenden Wirkung soll wie bei allen vorsorglichen Massnahmen, der durch den Endentscheid zu regelnde Zustand weder präjudiziert noch verunmöglicht werden. Einer Prognose des Ausgangs im Hauptverfahren kann nur Bedeutung zukommen, wenn ein solcher Ausgang des Verfahrens mit grosser Wahrscheinlichkeit eintritt. Die Sozialversicherung hat ein erhebliches Interesse daran, Rückforderungen zu vermeiden, was bei der Prüfung der aufschiebenden Wirkung massgebend zu berücksichtigen ist.

    SV.2023.27 - OGH.2023.82

  • Fälligkeit des Darlehens nach "Möglichkeit und Tunlichkeit"

    09 CG.2023.26 vom 05.01.2024

    Rechtssatz

    Die Fälligkeit nach „Möglichkeit und Tunlichkeit“ ist eine Spielart rechtsgeschäftlicher Terminisierung. Der Ausdruck, nach „Möglichkeit und Tunlichkeit“ zu zahlen, ist eher ungebräuchlich, der Schuldner umschreibt diese Erfüllungsform beispielsweise mit den Worten „werde nach und nach zahlen“ oder „bei Besserung der Verhältnisse, des Vermögens und/oder Einkommens“ (hier: Wenn es der Schuldnerin finanziell besser geht). „Tunlichkeit und Möglichkeit“ bedeutet nicht Leistung nach Belieben, berechtigt also nicht zu einem zeitlichen Hinausschieben auf lange Zeit.

    09 CG.2023.26 - OGH.2023.98

  • Invalidität, Kindesalter

    SV.2023.19 vom 05.01.2024

    Rechtssatz

    Ohne hinzutretende Gesichtspunkte ist bei der Bestimmung der Invalidität nicht immer ein Statuswechsel vorzunehmen, wenn das (jüngste) Kind das Alter 15 erreicht hat. Es sind unterschiedliche Kriterien von Bedeutung, welche für die Klärung der Statusfrage massgebend sind. Es ist somit allemal eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen (E. 8.5). Wenn die versicherte Person zwar tatsächlich erwerbstätig ist, aber das zumutbare Stellenpensum nicht vollständig ausschöpft, ist für die Bestimmung des Invalideneinkommens eine Hochrechnung des effektiven Einkommens auf das zumutbare Pensum an sich möglich. Wenn indessen die Arbeitgeberin eine Pensumserhöhung gänzlich ausschliesst, muss die versicherte Person zwecks voller Ausschöpfung ihrer Arbeitsfähigkeit eine zusätzliche Arbeitsstelle suchen, wobei diesbezüglich auf LSE-Tabellenwerte abzustellen ist. Damit wird auf denjenigen Lohn abgestellt, welcher im allgemeinen Arbeitsmarkt gespiegelt ist (E. 9.4)

    SV.2023.19 - OGH.2023.91

  • ordre public

    08 CG.2022.41 vom 05.01.2024

    Rechtssatz

    1) Der ordre public dient dem Schutz der inländischen Rechtsordnung, nicht so sehr der inländischen Rechtssubjekte. Die individuelle Rechtssphäre der Inländer ist nicht Schutzobjekt. Weil die ordre-public-Klausel eine systemwidrige Ausnahme darstellt, wird allgemein sparsamster Gebrauch gefordert. Eine schlichte Unbilligkeit des Ergebnisses genügt ebenso wenig wie der blosse Widerspruch zu zwingenden liechtensteinischen Vorschriften (hier: kein Verstoss gegen den ordre public, dass der Kläger im Rahmen der in Österreich abgeschlossenen Scheidungsvereinbarung den Unterhaltsanspruch der Beklagten auf Basis seines Verschuldens anerkannt hat).

    2)   Bei selbständig Erwerbstätigen ist ganz allgemein das Durchschnittseinkommen der letzten drei Jahre massgeblich.

    3)   Bei der Unterhaltsbemessungsgrundlage sind auch alle geldwerten Naturalbezüge (Sachbezüge mit Einkommensfunktion) zu berücksichtigen.

    4)   Pensionsleistungen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung oder einer betrieblichen Altersvorsorge fallen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage.

    5)      Bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs im Ausland lebender Kinder eines im Inland wohnenden Elternteils sollen die Unterhaltsbeiträge einerseits in einem angemessenen Verhältnis zu den durchschnittlichen Lebensverhältnissen und zur Kaufkraft im Heimatland der Kinder stehen und andererseits die Kinder am Lebensstandard des in Liechtenstein lebenden Unterhaltsverpflichteten teilnehmen lassen. Diese Rechtsprechung gilt auch für den Ehegattenunterhalt.

    08 CG.2022.41 - OGH.2023.76

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