Rechtssatz
1. Ein blosses Tatsachengeständnis ohne Eingeständnis der subjektiven Merkmale des strafbaren Verhaltens ist unter dem Aspekt des reumütigen Geständnisses nicht mildernd.
2. Als Beitrag zur Wahrheitsfindung ist ein Tatsachengeständnis im Sinne des § 34 Abs 1 Z 17 StGB nur dann zu berücksichtigen, wenn es sich massgeblich auf die Beweisführung ausgewirkt hat.
3. Blosse wörtliche Provokationen durch das Tatopfer sind in der Regel nicht schuldmindernd.
4. Das aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 94 Abs 4 StGB tatbestandsmässig nicht zu erfassende Imstichlassen des verletzten Tatopfers ist unter den Gesichtspunkten des § 32 Abs 2 und Abs 3 StGB schulderhöhend zu werten.
5. Es ist mit der Konvention vereinbar, wenn die Beurteilung von Bagatelldelikten Verwaltungsbehörden übertragen wird, solange der Betroffene die Möglichkeit hat, die entsprechende Entscheidung durch ein Gericht iSd Art 6 EMRK überprüfen zu lassen.
6. Ein unentgeltlicher Verzicht auf Rechtsausübung ist nur anzunehmen, wenn sich der Verzicht aus der Erklärung unzweifelhaft ergibt. Eine derartige Erklärung ist eng bzw. einschränkend auszulegen.
7. Provokationen können ein Mitverschulden begründen, wenn sie geeignet sind, den Verletzer in einen Gemütszustand zu versetzen, von welchem angenommen werden kann, dass er sich zu Tätlichkeiten hinreissen lassen wird. Wörtliche Provokationen genügen in der Regel nicht, um ein Mitverschulden des Verletzten zu begründen.
01 KG.2023.24 - OGH.2024.92
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